„Aus organisatorischen Gründen haben wir 20 Prozent unserer Belegschaft abgebaut.
Wir haben uns dazu entschieden, einige Ihrer Kollegen zu entlassen.
Das erlaubt es uns, Kosten zu reduzieren.
Die Auswahl der entlassenen Mitarbeiter geschah zufällig“.
Stellen Sie sich vor, Sie würden diese Nachricht morgen früh in Ihrem E-Mail-Postfach finden. Sie gehören zu denen, die bleiben dürfen (oder müssen?).
Wie würden Sie sich fühlen, wenn es ansonsten keinerlei weitere Kommunikation der Geschäftsführung gebe?
Vermutlich nicht so gut.
Fänden Sie das Verhalten asozial oder unfair?
Den meisten Menschen geht es so.
Weshalb wir heute die Frage der Fairness im Führungsalltag betrachten.
Das ist nicht fair
„Das ist nicht fair“, schreit der Fußballer, wenn er vom Gegenspiel böse gefoult wird und der Schiedsrichter nichts tut.
„Das ist nicht fair“, sagen wir, wenn ein Mitarbeiter befördert wird, der zwei Jahre weniger Erfahrung hat als wir, während unsere Karriere grundlos weiterhin auf der Stelle tritt.
„Das ist nicht fair“, sagen die Kollegen untereinander, wenn „das Management“ scheinbar willkürlich und intransparent gute Kollegen in der Nachbarabteilung entlässt – und sich jeder sofort fragt, wann man selbst an der Reihe ist.
Ich vermute, dass auch Sie gerne fair behandelt werden wollen.
Doch was ist Fairness überhaupt?
Mit Fairness bezeichnen wir:
1. Ein anständiges Verhalten und eine ehrliche und gerechte Haltung anderen gegenüber
2. Ein sich den „Spielregeln“ gemäßes, anständiges und kameradschaftliches Verhalten im Sport
Wir sehen, dass Fairness eine Kombination aus Verhalten und Haltung (im Sinne von „geistiger Einstellung“, „Glaubenssätzen“, „Charakter“) darstellt. Es gibt jedoch keinen Bezug auf ein gesetzlich geregeltes Verhalten.
Und das ist ein extrem wichtiger Punkt bei Fairness und fairer Führung von Mitarbeitern:
Die Grundlage von Fairness ist nirgendwo niedergeschrieben und klar definiert.
Was für den einen unfair ist, ist für den anderen „sportlich“ oder „im Sinne des Wettbewerbs ok“.
„Sowas macht man einfach nicht“, sagen wir sehr oft, wenn wir etwas als unfair bezeichnen.
Das Blöde an unfairem Verhalten ist nämlich, dass es sich meistens innerhalb der Rahmenbedingungen beispielsweise von Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen bewegt.
Wenn es nämlich illegal oder nicht vertragskonform wäre, würden wir uns sofort darauf stürzen und uns, zu Recht, darüber beschweren.
Doch wenn eine Führungskraft unfair handelt, dann hat sie meistens alle Regeln eingehalten.
Außer den ungeschriebenen, aber extrem wichtigen Regeln der Fairness!
Faire vs unfaire Entlassungen
Prof. Matthias Heinz, vom IWH – Halle Institute for Economic Research, hat sich Fairness genauer angesehen und eine spannende Studie durchgeführt, aus der auch die Formulierung zu Beginn dieses Artikels stammt.
„Aus organisatorischen Gründen haben wir 20 Prozent unserer Belegschaft abgebaut.
Wir haben uns dazu entschieden, einige Ihrer Kollegen zu entlassen.
Das erlaubt es uns, Kosten zu reduzieren.
Die Auswahl der entlassenen Mitarbeiter geschah zufällig“
Keine Begründung.
Keine Information, ob „zufällig“ wirklich zufällig war.
Kein Werben um Verständnis.
Keine Vermittlung von Zuversicht, es nun gemeinsam schaffen zu wollen.
Kein Bedauern.
In der aufwändigen Studie wurden 200 Personen als Call-Center-Mitarbeiter eingestellt und arbeiteten in zwei Schichten. Sie wussten nicht, dass sie Teil einer Studie sind.
Eine Schicht arbeitete ganz normal und ohne Kündigungen.
Die andere Schicht wurde in drei Gruppen unterteilt:
- Ein Drittel arbeitet ganz normal.
- In der zweiten Gruppe wurde den Kollegen morgens ganz nüchtern mitgeteilt, dass die Belegschaft um 20% verkleinert wurde.
- In der dritten Gruppe gab es nur die obige, asoziale Nachricht.
Das Ergebnis:
Bei den Mitarbeitern, die diese asoziale Information erhielten und deren Kollegen nach dem Zufallsprinzip entlassen wurden, sank die Arbeitsleistung deutlich. Sie machten 12% weniger Anrufe.
Auch die Arbeitsqualität wurde schlechter:
Die Quote der Anrufe, bei denen das erwünschte Gespräch zustande kam, sank um mehr als 20%.
Das ist mehr als „ein bisschen Unruhe“.
Manch Manager sagt vielleicht:
„Womit haben diese Mitarbeiter eigentlich ein Problem?
Sie haben doch noch einen Job.
Die anderen waren doch die Leidtragenden“
Aber das ist falsch gedacht.
Die übrig gebliebenen Mitarbeiter sehen das Verhalten des Unternehmens als asozial und unfair an.
Daraus entstehen emotionale Reaktionen, wie beispielsweise:
- Bin ich der nächste, der gehen muss?
- Wie kann ich dafür sorgen, dass ich nicht auf der Abschussliste erscheine?
- War das nur der Anfang? Wird es weitere Entlassungen geben oder nicht?
- Haben die entlassenen Kollegen etwas getan, was zu ihrer Entlassung geführt hat?
- Wo finde ich einen anderen Job?
Diese Gedanken, die durch das unfaire Verhalten ausgelöst wurden, fördern weder Motivation noch Arbeitsqualität.
Denken alle Mitarbeiter so?
Sicherlich nicht.
Was wiederum bedeutet, dass die Arbeitsleistung mancher Mitarbeiter um deutlich mehr als die 12% gesunken ist.
Und warum?
Weil bescheuert kommuniziert wurde!
Und durch diese Kommunikation der Eindruck von Willkür und Unfairness entstand.
Hier finden Sie mehr zu Prof. Heinz’ Studie: Wirtschaftswoche: Der Zorn der Übriggebliebenen und die wissenschaftlichere Beschreibung Messung indirekter Effekte des unfairen Verhaltens eines Arbeitgebers auf die Produktivität – Ein Feldversuch (Englisch)
Wird Fairness erst wichtig, wenn sie fehlt?
In der Entlassungs-Studie und meinen obigen Beispielen haben wir Negativ-Situationen gesehen.
Situationen, in denen unfair gehandelt wurde.
Und dadurch kam der Faktor Fairness ins Spiel.
Das lässt eine Vermutung zu:
Ist es vielleicht so, dass wir Fairness in dem Moment betrachten, in dem sie nicht gegeben ist?
So ähnlich, wie wir die Freiheit, jederzeit unser Haus verlassen zu können, als völlig normal ansehen und niemals darüber nachdenken – bis wir plötzlich vehement protestieren, weil wir (denken wir an Corona zurück) nicht mehr einfach so überall hingehen und jeden besuchen können. Weil uns diese selbstverständliche Freiheit weggenommen wurde.
Ich denke: Ja!
Fairness ist ein Faktor, der in einem akzeptablen Rahmen gegeben sein muss und den wir voraussetzen, ohne darüber zu reden oder nachzudenken. Wenn daran gerüttelt wird, reagieren wir aber umso heftiger.
Welche Rolle spiel Fairness für Führungskräfte?
Bei der Entlassungs-Studie haben wir bereits die direkten Konsequenzen unfairer Führung auf Mitarbeiter gesehen.
Und dabei haben wir die entlassenen Personen noch gar nicht berücksichtigt. Die sich ganz bestimmt ebenfalls sehr unfair behandelt gefühlt haben, da sie nach dem Zufallsprinzip gefeuert wurden.
Bevor wir betrachten, wie Sie fair führen, muss ich noch etwas anmerken:
Fair zu führen bedeutet nicht, dass man schwach ist oder keine Konsequenzen zieht, weil man niemanden unfair behandeln möchte.
Oft ist genau das Gegenteil der Fall:
Weil keine Konsequenzen gezogen werden, wenn sich beispielsweise einzelne Mitarbeiter mehr Rechte rausnehmen, als anderen zugestanden wird, fühlen sich die anderen Mitarbeiter unfair behandelt.
Womit wir auch zu den konkreten Tipps kommen, wie Sie Ihre Mitarbeiter fair führen:
- Achten Sie in Ihrer Kommunikation immer darauf, dass Sie zumindest einen nachvollziehbaren Grund, beispielsweise für eine harte Entscheidung, nennen
- Vermeiden Sie Handlungen, die bei Mitarbeitern Unsicherheit über ihre Zukunft schürt, weil Ihr Verhalten nicht verständlich ist und damit auch als unfair angesehen werden kann
- Wenn Mitarbeiter gegen Regeln verstoßen, dann handeln Sie und sorgen Sie dafür, dass diese Regeln zukünftig eingehalten werden. Ansonsten fühlen sich alle anderen unfair behandelt, wenn sie die Regeln beachten müssen, während diese eine Person sich problemlos darüber hinwegsetzen kann
- Je mehr Transparenz Sie hinsichtlich z.B. der aktuellen Unternehmenssituation, Wettbewerb, Leistungsfähigkeit des Unternehmens, kritischen Faktoren im Markt, etc. schaffen, desto leichter wird es für Sie sein, auch schwierige Maßnahmen wie Umstrukturierungen, Sanierung oder auch zum Wachstum notwendige Neuorganisationen umzusetzen. Weil Sie dann darauf aufbauend Entscheidungen verständlich machen und, scheinbar, unfaires Verhalten vermeiden.
- Nutzen Sie die Machtposition Ihrer Führungsrolle nicht aus, um Maßnahmen durchzusetzen, sondern werben Sie intern für Ihr Vorgehen. Natürlich wird nicht jeder zustimmen und begeistert sein, aber jedes „Basta, so machen wir das jetzt so“ birgt die massive Gefahr der mangelnden Fairness
- Halten Sie sich immer die Studienergebnisse von Prof. Heinz vor Augen und betrachten Sie z.B. bei Entlassungen nicht nur diejenigen, die gehen, sondern auch diejenigen, die bleiben. Ihre Kommunikation nach innen entscheidet darüber, ob Sie massive Leistungseinbußen erleiden oder nicht! Das gilt auch für Umorganisationen, Projekt-Stopps, Verlagerungen von Arbeitsplätzen, Aufbau von Abteilungen, Einstellung neuer Mitarbeiter mit höherem Gehalt, etc.
Fazit Fairness bei der Führung
Fair zu führen ist gar nicht so schwer.
Bei meinen Führungskräfte-Seminaren mache ich zu Beginn immer eine Umfrage.
Bei einem Unternehmen, das gerade eine massive Umstrukturierung durchmachte, sagten rund 150 von 200 Top-Führungskräften, dass Fairness aktuell ein besonders kritisches Thema sei. Und dass sie gerne wüssten, wie sie von ihren Mitarbeitern als faire Führungskräfte wahrgenommen werden. Weil nämlich vom Management aus sehr spärlich und intransparent kommuniziert wurde.
Je kritischer eine berufliche Situation daher ist, desto mehr müssen Sie als Führungskraft darauf achten, in Ihrer Kommunikation klar und nachvollziehbar zu sein – und faire Entscheidungen zu treffen.
Hart dürfen sie sein, aber nicht unfair.
PS: Dass manche Personen auch eine noch so nachvollziehbare und logische Entscheidung als unfair ansehen, wenn es sie selbst betrifft, ist eine menschliche und emotionale Reaktion. Diese Personen sagen allerdings oft einige Monate später, dass es zwar persönlich hart, aber auch fair war.
PPS: In manchen Organisationen, überwiegend machtorientierten und statusorientierten Organisationen, werden fair handelnde Führungskräfte weniger stark gefördert, als (angeblich) durchsetzungsstarke (auf Deutsch: ihre Machtposition aggressiv nutzende) Führungskräfte. In solchen Organisationen wird mehr auf den durch die Führungskraft vermittelten Eindruck geachtet, als auf das durch die Führungskraft und ihre Führung erreichte mittel- und langfristige Ergebnis (inklusive Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation, Innovationskraft, Loyalität, etc.).
BOOTCAMP für Führungskräfte
- Alle wichtigen Führungsmethoden kompakt dargestellt
- Sofort in der Praxis umsetzbar
- Über 50 Vorlagen und Checklisten
Unschlagbarer Preis:
Vergleichbare Seminare kosten zwischen € 5.000 und € 9.000.Das BOOTCAMP kostet NUR unschlagbare € 1.499 inkl. MwSt./Teilnehmer und kann 2 Jahre lang genutzt werden!
24 Monate Nutzungszeitraum, inklusive Zugang zu weiteren 15 Online-Trainings (Wert: über € 1000), alle Aktualisierungen kostenlos inklusive
Weitere Details zum Online-Training finden Sie hier...
⭐⭐⭐⭐⭐
"Vielen Dank - ich bin der Meinung, dass mir dieses Bootcamp bereits jetzt schon einiges aufgezeigt hat (mitunter vor allem auch Bereiche an denen man selbst noch arbeiten muss), zu dem man ohne professionelle Unterstützung nie gekommen wäre“ (Tim W.)
⭐⭐⭐⭐⭐
"Das Online-Bootcamp für Führungskräfte hat mir sehr viele gute Anregungen gegeben, die mir helfen mich weiterzuentwickeln, neue Denkansätze auszuprobieren und strukturiert an meinen Führungsfähigkeiten zu arbeiten. Mit Sicherheit werde ich noch oft in das Training hinein schauen, um Themen zu wiederholen und zu verfestigen." (Martina W.)