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Loss Aversion/Verlustaversion bei Führungsentscheidungen [Psycho-Wissen für Führungskräfte]

Loss Aversion Psycho-Wissen für Manager

Psycho-Wissen für Manager – heute: Loss Aversion („Verlustaversion“) oder „Ein Verlust schmerzt doppelt

Wie kommt es, dass es für die meisten Menschen so schwierig ist, einen Verlust zu akzeptieren?

Eines der bekanntesten Experimente, das zur Entdeckung der Loss Aversion/Verlustaversion führte, stammt von Amos Tversky und Daniel Kahneman.

Studienteilnehmer sollten in einem Glücksspiel US$ 100 setzen. Mit dem Wurf einer Münze wurde entschieden, ob man gewinnt oder verliert.

Die Frage der Forscher war: Wie hoch muss der potentielle Gewinn sein, damit die Probanden den möglichen Verlust akzeptierten und mitspielten?

Das Resultat ergab, dass der Gewinn doppelt so hoch sein muss, wie der potentielle Verlust des Einsatzes von US$ 100. War also ein Gewinn von US$ 200 möglich, dann gab es deutlich mehr Mitspieler, wie bei einem potentiellen Gewinn von US$ 120.

Daraus entstand die Theorie der Loss Aversion/Verlustaversion und auch die Aussage, dass Verluste doppelt so schmerzhaft sind.

Eines unserer bekanntesten Sprichworte dazu ist:

Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach

Verlustaversion Beispiel

Das Gewinnspiel war nur eines von vielen Experimenten, um dieses Phänomen zu untersuchen.

Jeder von uns kennt es entweder aus dem eigenen Leben oder aus der Beobachtung anderer, wie wir in den folgenden Beispielen sehen.

Weitere Beispiele der Loss Aversion/Verlustaversion sind:

  • An der Börse zeigt sich die Loss Aversion/Verlustaversion am Verhalten (insbesondere von Privatanlegern) bei Kursverlusten: Eine Aktie, die ins Minus geraten ist, wird so lange gehalten, bis sie zumindest wieder den Einstiegskurs erreicht hat. Das gilt auch dann, wenn man eine andere Aktie hat, die sich sehr gut entwickelt und man durch den Verkauf des Verlustbringers und Investition in den Erfolgstitel wesentlich schneller in den grünen Bereich käme
  • Im  Börsen- und Investitionsumfeld schlägt die Loss Aversion/Verlustaversion auch dann zu, wenn der Verlust einer Aktie oder einer Investition, die sich unter realistischen Bedingungen nicht mehr erholen wird,  unter der Perspektive „es ist so lange kein Verlust, so lange wir die Aktie/Investition nicht verkauft haben“ betrachtet wird
  • In Verkaufssituationen finden wir die Loss Aversion/Verlustaversion, wenn ein möglicher Geschäftsabschluss deswegen nicht akzeptiert wird, weil der Prozentsatz der Marge unter der Vorgabe liegt, während der gesamte Deal in Euro einen enormen Ertrag erbringen würde
  • In Partnerschaften begegnen wir der Loss Aversion/Verlustaversion, wenn beispielsweise eine Vertriebspartnerschaft mit einem anderen Unternehmen nicht gekündigt wird, obwohl es seit langer Zeit keinen oder keinen ausreichenden Erfolg gibt. Man hat aber Angst davor, dass dieser Partner einen Tag nach der Kündigung des Vertrags einen Mega-Auftrag gebracht hätte, der uns dann entgeht
  • Im Produktgeschäft ist die Loss Aversion/Verlustaversion besonders dann kritisch, wenn eine sich stetig schlechter verkaufende Produktlinie nach wie vor am Leben erhalten wird, anstatt in eine neue Produktlinie zu investieren, die jedoch erst am Anfang des Erfolgszyklus steckt
  • In der Karriere sehen wir die Loss Aversion/Verlustaversion immer dann, wenn wir ein hochinteressantes neues Jobangebot ablehnen, weil wir nicht genau wissen, ob wir uns in der neuen Firma wohl fühlen und der Anforderung gewachsen sein werden – und „der aktuelle Job eigentlich doch nicht so schlecht ist

Sie sehen anhand der Beispiele:

Von Loss Aversion/Verlustaversion können wir immer dann sprechen, wenn trotz eindeutiger Beweise für einen real existierenden Verlust an etwas festgehalten wird und dadurch

  1. die Gefahr eines noch größeren Verlusts steigt,
  2. die Mittel zur Suche nach Alternativen bzw.
  3. Investitionen in bereits existierende Alternativen eingeschränkt werden

Definition Verlustaversion Kahneman

Loss Aversion/Verlustaversion ist die menschliche Tendenz, dass das Vermeiden von Verlusten für uns erheblich wichtiger ist, als potentielle Gewinne zu erzielen.

Die Loss Aversion/Verlustaversion wird auch im Kontext der Prospect Theory behandelt, die sich intensiv um menschliches Verhalten in Situationen dreht, in denen ihre Entscheidungen auch Risiken mit sich bringen.

Daniel Kahneman ist Professor der Verhaltenspsychologie und hat 2002 für seine Erforschung des (irrationalen) Verhaltens der Menschen den Wirtschaftsnobelpreis erhalten.

Sein Buch Schnelles Denken, langsames Denken ist ein Meisterwerk, das uns eigentlich nur kopfschüttelnd über uns Menschen zurücklässt.

Welche Bedeutung hat die Loss Aversion/Verlustaversion in der Führung?

Wir können die Loss Aversion/Verlustaversion nicht einfach abschalten.

Es handelt sich um ein tief verwurzeltes Verhalten, das auch gute Seiten hat.

Natürlich macht es Sinn, nicht jedes Mal den Kopf zu verlieren, bloss weil eine Investition einmal kurzzeitig Verlust macht. Wer immer dann seine Aktien verkauft, wenn sie im Minus liegen, hat den sicheren Weg zum Bankrott gefunden.

In der Führung ist die Loss Aversion/Verlustaversion für uns in folgendem Zusammenhang bedeutsam:

1. Loss Aversion/Verlustaversion bei uns selbst

Wir selbst unterliegen als Führungskraft diesem psychologischen Phänomen.

Das bedeutet, dass wir zukünftig in Situationen, in denen wir eine Verlust-Situation betrachten, an dieses Verhalten denken müssen.

Es kann sehr hilfreich sein, beispielsweise das Festhalten an einer Entscheidung einem Dritten gegenüber zu erläutern.

Immer dann, wenn wir merken, dass wir unser Festhalten sehr emotional verteidigen und rechtfertigen, schlagen möglicherweise die Loss Aversion/Verlustaversion und die Sunk Cost Fallacy zu.

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2. Loss Aversion/Verlustaversion bei unseren Mitarbeitern

Unsere Mitarbeiter unterliegen dem gleichen Phänomen.

Je unerfahrener oder unsicherer Mitarbeiter sind, desto eher werden diese noch länger an einem Verlust, an einem schon längst zu beerdigenden Projekt oder an einem desinteressierten Kunden dranbleiben.

Wir können ihnen helfen, indem wir das Phänomen immer wieder ins Bewusstsein bringen (so ähnlich wie bei der Sunk Cost Fallacy).

Auch regelmäßige Retrospektiven oder Lessons Learned helfen dabei, solche Verhaltensweisen zu erkennen und Maßnahmen für die Zukunft zu definieren.

3. Loss Aversion/Verlustaversion bei unseren Kunden

Auch Kunden leiden unter diesem Verhalten.

Das wird ganz besonders dann tragisch, wenn sie die Investitionen in ein Produkt eines anderen Herstellers schon längst abschreiben müssten und stattdessen besser unser Produkt oder Dienstleistung nutzen sollten.

Solange der Kunde das Gefühl hat, dass durch eine Entscheidung für uns offensichtlich wird, dass er dadurch einen Verlust realisiert, wird ihm dies sehr schwer fallen.

Wir sollten ihm dabei helfen, dass er (vor allem vor sich selbst!) nicht das Gesicht verliert. Können wir ihm irgendwie aufzeigen, dass seine bisherige Investition Sinn gemacht hat und die neue Investition in uns ihn weiter voranbringt, haben wir eine Chance.

Loss Aversion Verlustaversion und unser Gehirn

Loss Aversion/Verlustaversion und Gehirnforschung

Die Erkenntnisse aus der Gehirnforschung zu den Ursachen der Loss Aversion/Verlustaversion stehen noch am Anfang.

Es gibt jedoch Erkenntnisse, dass die Insula bei Entscheidungsprozessen, die sich mit Verlusten beschäftigen, besonders aktiv ist.

Von der Insula wird angenommen, dass sie bei emotionalen Themen eine Rolle spielt und Einfluss auf die Wahrnehmung nimmt. Sie ist daran beteiligt, wie wir Schmerz emotional bewerten.

Tja, und wenn unsere Wahrnehmung beeinträchtigt wird, können wir Entscheidungen über den Verkauf einer verlustbringenden Aktie nicht mehr so rational treffen, wie wir sollten. Vor allem, wenn der Verkauf für uns durch die Insula als sehr schmerzhaft bewertet wird.

Einen interessanten Bericht dazu finden wir auch in der Zeit: https://www.zeit.de/2013/46/verlustaversion-verhaltensoekonomie

Fazit Loss Aversion/Verlustaversion

Sobald wir uns dieses psychologischen Phänomens der Angst vor Verlusten bewusst sind, sollten wir aktiv Maßnahmen ergreifen, uns selbst, unser Team und unser Unternehmen davor zu bewahren (zu oft) in diese Falle zu laufen.

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, kann ich Ihnen Daniel Kahneman’s Buch Schnelles Denken, langsames Denken sehr empfehlen.

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