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Sunk Cost Fallacy in der Führung [Psycho-Wissen für Führungskräfte]

Sunk Cost Fallacy Psycho Wissen für Führungskräfte

Psycho-Wissen für Manager – heute: Die Sunk Cost Fallacy („versunkene Kosten Trugschluss“) oder „Ich werfe eher noch etwas mehr Geld aus dem Fenster, als dass mir jemand einen Fehler nachweist

Ob Dauerbaustelle BER, die Gorch-Fock-Restauration, oder auch so manche private Investitionsentscheidung – es gibt einen Punkt, ab dem es für uns unglaublich schwierig wird, eine Investition abzuschreiben, obwohl wir noch nicht am Ziel sind.

Die Sunk Cost Fallacy beschreibt dieses psychologische Phänomen. Es ist eng verwandt mit der Loss Aversion (Verlustangst) sowie dem Status Quo Bias, auf die ich an anderer Stelle einmal eingehen werde.

Was ist die Sunk Cost Fallacy?

Definition Sunk Cost Fallacy:

Bezeichnet das verhaltenspsychologische Phänomen, dass Bewertungen und Entscheidungen über zukünftige Investitionen (Geld, Zeit, Energie, Arbeitskraft, etc.) umso stärker davon beeinflusst werden, je mehr man bereits investiert hat. Die versunkenen Kosten (Sunk Cost) führen uns zu einem Trugschluss (Fallacy).

Das blöde daran ist, dass es weitere psychologische und kulturelle Phänomene gibt, die es uns sehr schwer machen, aus der Erkenntnis über ein möglicherweise entstandenes Fass ohne Boden ein konsequentes Handeln zu machen.

Haben wir beispielsweise erkannt, dass sich das Projekt niemals rechnen wird, dann wollen wir andererseits nicht als jemand dargestellt werden, der kein Durchhaltevermögen hat, der früh aufgibt, oder nichts zu Ende bringen kann.

Gerade in einer Kultur, in der „Fehler zu machen“ sozial sehr schlecht angesehen ist, wird auch in Unternehmen lieber der Mantel des Schweigens über einen Rohrkrepierer gelegt, den man aber mit weiteren Investitionen noch irgendwie zu Ende bringt, anstatt zu sagen:

Ok, das Projekt war ein Fehler. Lasst uns analysieren, was wir daraus lernen müssen und unsere Zeit und Geld in etwas anderes investieren“.

Das ist eine zukunftsorientierte Fehlerkultur, die leider nur sehr wenige Firmen (d.h. Führungskräfte) leben.

Sunk Cost Fallacy verhindern - Projekte aufgeben wenn es keinen Sinn mehr macht

Beispiel Sunk Cost Fallacy:

Nachfolgend ein Auszug aus meinem Buch „Führungspraxis für Ingenieure und IT-Experten“. Dort beschreibe ich die Sunk Cost Fallacy im Zusammenhang mit fehlerhaften Beförderungen:

Das verhaltenspsychologische Phänomen “Sunk Cost Fallacy” lässt sich am ehesten mit der Formulierung “jetzt haben wir schon so viel Geld in Herrn Turm investiert, da können wir keinen Rückzieher mehr machen.“, umschreiben.

Dies führt dazu, dass Fehler bei der Beförderung von Personen nicht korrigiert werden.

Man hat die Beförderung ausgesprochen, kommuniziert, den Teamleiter auf Schulungen geschickt.

Dann entstanden Führungsprobleme und man hat mehr Schulungen und sogar ein Coaching initiiert. “All das viele Geld, das muss doch etwas gebracht haben“.

Also bleibt der Teamleiter auf seinem Posten, demotiviert weiter die Mitarbeiter und kommt mit immer weniger Engagement an den Arbeitsplatz.

Führungskräfte mit Rückgrat stehen dazu, dass eine Entscheidung auch einmal falsch gewesen sein kann. Wenn das einmal bei einer Beförderung passiert, dann korrigiert man diese so schnell wie möglich.

Dabei darf es auch keine Rolle spielen, wie viel man bereits in den Mitarbeiter investiert hat.

Ein Pinguin wird auch nach 100 Trainings niemals wie ein Adler fliegen können. Nicht einmal dann, wenn man nochmals 100 Trainings hinterher schiebt, da man doch schon so viel investiert hat.

Sunk Cost Fallacy - Ein Pinguin wird niemals fliegen wie ein Adler penguins-4019256

Weitere Beispiele Sunk Cost Fallacy

Ein Projekt wird fortgeführt, weil man bereits sehr viel Geld investiert hat, auch wenn inzwischen klar ist, dass eine alternative Lösung wesentlich besser (und ggf. sogar insgesamt günstiger) wäre.

Man bleibt im Kino sitzen, obwohl einem der Film nicht gefällt. Da man aber bereits bezahlt hat, bleibt man bis zum Ende. Für meine schwäbischen Leser sicherlich besonders gut nachvollziehbar (ich bin selbst Schwabe 😉).

Ein Mitarbeiter wird auf eine Führungsposition befördert, obwohl sich gezeigt hat, dass er keine Eignung als Führungskraft besitzt – man aber bereits viel Geld in seine Fortbildung investiert hat und er ein hohes Gehalt bezieht.

Wir gehen weiterhin auf den Tennisplatz, obwohl wir keine Freude mehr am Sport haben, aber wir haben ja für ein Jahr im voraus bezahlt.

All diese Verhaltensweisen sind durch die Sunk Cost Fallacy, den versunkene Kosten-Trugschluss beeinflusst. Wie erwähnt können noch weitere Phänomene hinzukommen, aber dieser Effekt spielt eine sehr große Rolle.

Unser Sprichwort „Gutes Geld schlechtem hinterherwerfen“ beschreibt genau diesen Denkfehler.

Auf der Webseite des Manager Magazins gibt es auch eine weitere, schöne Geschichte dazu: Darf noch ein bisschen mehr Geld aus dem Fenster geworfen werden?

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Bedeutung der Sunk Cost Fallacy für Führungskräfte

Warum sollte uns das als Führungskraft interessieren?

Aus mehreren Gründen:

  1. Weil wir selbst auch dem Phänomen unterliegen und unsere Entscheidungen in solchen Fällen nicht rational treffen, sondern durch den Effekt beeinflusst werden.
  2. Wenn unsere Mitarbeiter feststellen, dass wir von der Sunk Cost Fallacy betroffen sind (Mitarbeiter sind ja auch nicht blöd), dann werden unsere Mitarbeiter uns ggf. keine besseren Optionen mehr vorstellen, da sie wissen, dass wir, durch den Effekt beeinflusst, ohnehin am alten Plan festhalten.
  3. Unsere Mitarbeiter könnten unsere Sunk Cost Fallacy auch dazu nutzen, um unser Handeln zu manipulieren – indem man beispielsweise erst in ein ganz kleines Projekt investiert und dann eine Fortsetzung dadurch durchgesetzt wird, weil man ja bereits investiert hat.
  4. Unsere Mitarbeiter können natürlich ebenfalls davon betroffen sein und in ihren Projekten und Entscheidungen ggf. neu auftauchende Optionen nicht verfolgen, weil bereits zu viel investiert wurde. Das führt auch dazu, dass uns bei einem Bericht über das Projekt manche Risiken gar nicht oder deutlich abgeschwächt dargestellt werden, um es fortführen zu können.

Auswege aus der Sunk Cost Fallacy

Sich dieses Effektes bewusst zu sein ist ein erster wichtiger Schritt.

Der nächste Schritt ist es, jegliche relevante und/oder langfristige Investition immer wieder zu überprüfen und bewusst folgende Fragen zu stellen:

  • Wenn wir heute nochmals die Entscheidung treffen würden, wie würde sie ausfallen?
  • Was ist das Schlimmste, das passieren kann, wenn wir jetzt abbrechen?
  • Welche neuen Informationen haben wir heute, die wir damals noch nicht hatten, welche neuen Technologien oder Möglichkeiten bestehen heute, die es damals noch nicht gab?
  • Wenn ein komplett Unabhängiger dieses Projekt/Vorhaben/Verhalten bewerten würde, was würde er uns empfehlen?

Zudem könnten Sie ein unabhängiges Gremium einberufen, das absolute Narrenfreiheit hat und jegliches Projekt und Investitionsvorhaben regelmäßig gnadenlos auf den Prüfstand stellt. Alle Antworten, die emotional oder Sunk-Cost-nah sind, werden abgelehnt.

Fazit

Je größer die bisherige Investition (wie gesagt, es geht nicht nur um Geld!), desto mehr Charakter und Standfestigkeit benötigt man, um etwas zu beenden, was bereits viel gekostet hat.

Wir werden teilweise sehr große Kritik dafür ernten, in manchen Fällen jedoch auch sehr schnell viel Zuspruch erhalten, wenn im Grunde jedem klar ist, dass ein weiteres Investieren keinen Sinn mehr macht.

Denn schon Konrad Adenauer sagte „..es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden…“.

So ist es.

Insbesondere wenn es sich um ein Lieblingsprojekt von uns handelt, ist es schwer.

Doch besonders dann, wenn es um Investitionen unseres Unternehmens und damit die Zukunft unserer Mitarbeiter geht, müssen wir unser melancholisches Festhalten an einer einstmals gut klingenden Idee in den Griff bekommen.

Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende

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