Es kann nicht nur einen Karrierepfad geben – Fachkarrieren müssen Standard werden
Seit Jahrzehnten kennt man die “Beförderungs-Karotte” als eine Art Allzweckwaffe der Mitarbeitermotivation.
Von einem motivierenden Effekt ist man zumindest immer ausgegangen. Denn viele Mitarbeiter ließen sich durch diese Karotte zu mehr Arbeit, Überstunden oder Generieren neuer Ideen motivieren. Vielleicht gelang dies aber nur deswegen, weil es keine Alternativen gab und die Mitarbeiter nicht stagnieren wollten.
Die fachlich guten Mitarbeiter wurden also früher oder später zum Team-, Gruppen- und später zum Abteilungs- oder Bereichsleiter befördert. Das altbewährte Hierarchiedenken mit Titeln, Firmenwagen, größeren Büros und Co. war wunderbar einfach.
Doch seit einiger Zeit stagniert die Effektivität dieses Beförderungssystems und stellt Personalverantwortliche vor große Herausforderungen. Die Werkzeuge, die genutzt wurden, um Mitarbeiter zu motivieren, verlieren zunehmend an Attraktivität.
Dies gilt insbesondere in den Generationen der Millennials, Generation Y und Gen Z. Angehörige dieser Generationen setzen andere Prioritäten. Doch auch andere Generationen, die früher noch mit Karriereoptionen gelockt werden konnten, finden Gefallen an deren Ideen.
Was ist eine Fachkarriere/Fachlaufbahn?
- Unter einer Fachkarriere/Fachlaufbahn versteht man die Möglichkeit für Mitarbeiter*innen, sich beruflich weiterzuentwickeln und Karriere zu machen, indem sie sich auf eine Verbesserung ihrer fachlichen Expertise konzentrieren und keine Personalverantwortung übernehmen.
- Gleichzeitig wird der Einfluß von Mitarbeitern auf der Fachkarriere-Laufbahn dem Einfluß von Führungskräften mit Personalverantwortung gleichgestellt.
- Die an „Karrierestufen“ gebundenen „Belohnungssysteme“ wie z.B. Bonuszahlungen, Firmenwagen, Titel, Altersvorsorge, die üblicherweise an eine Führungsrolle mit Personalverantwortung gebunden sind, stehen ebenso den Teilnehmern der Fachlaufbahn zur Verfügung.
Wie sich das Beförderungssystem verändern muss
1. Agile Arbeitsmethoden und Führung
Ausgehend von agileren Arbeitsmethoden verlieren Hierarchien immer mehr an Bedeutung. Führung ist weiterhin notwendig – aber anders als früher:
Mikromanagement, das übrigens noch nie langfristig sinnvoll war, ist in modernen Arbeitsumgebungen nahezu unmöglich.
Stattdessen wird die Förderung von Mitarbeitern deutlich wichtiger. Klare Ziele zu setzen, Rahmenbedingungen für das Team zu schaffen, die Kommunikation zu fördern, die Mitarbeiter in ihren Stärken weiterzuentwickeln, Kulturen zusammenzubringen – das sind elementare Aufgaben der Führungskräfte der Zukunft.
Das gilt insbesondere für virtuelle, verteilte Teams. Damit solche Teams erfolgreich sind, darf Fachwissen als Beförderungskriterium nicht mehr das entscheidende Kriterium sein. Gleichzeitig benötigen Experten eine Alternative zur Führungskarriere, um eine Berufsperspektive zu haben, die sie motiviert.
2. Führung ist keine Einbahnstrasse
Wer eine Führungsrolle übernimmt, ist oft in ihr gefangen. Wer mit den disziplinarischen Aufgaben, der Arbeitsbelastung, den veränderten Tätigkeitsbereichen einer Führungskraft nicht zurecht kommt, hat kaum die Möglichkeit, die Führungsrolle ohne Gesichtsverlust wieder aufzugeben. Warum eigentlich?
Es sollte einfache, akzeptierte und respektierte Möglichkeiten geben, eine klassische Führungsposition wieder abgeben zu können. Wie wäre es, mit einer Führungsaufgabe mit einer zeitlichen Begrenzung?
Auch dies erfordert zwingend die Schaffung einer anderen Option zur Weiterentwicklung exzellenter Mitarbeiter – die Führungskarriere. Denn wenn man nur dann mehr Verantwortung übernehmen oder Geld verdienen kann, wenn man die Führungslaufbahn einschlägt, dann wird auch jemand, der diese Aufgabe inhaltlich verabscheut, dabeibleiben – einfach um mehr Geld zu verdienen.
3. Führung hat an Reiz verloren
Viele jüngere Mitarbeiter wollen ganz explizit keine Führungsrolle übernehmen. Weil es ihnen nicht mehr wichtig ist.
Doch auch Mitarbeiter anderer Generationen entscheiden sich gegen eine Führungsposition oder würden sich gerne dagegen entscheiden können. Stattdessen wünschen sie sich, deutlich mehr Zeit in Expertenwissen zu investieren und eine Fachkarriere zu machen.
Wenn diese Möglichkeit jedoch nicht vorhanden ist, werden exzellente Mitarbeiter dazu gezwungen, zu einem anderen Unternehmen wechseln, das ihnen diesen Werdegang anbietet, oder sie gehen in die Selbstständigkeit.
Mitarbeiter aufgrund der fehlenden Fachkarriere an die Konkurrenz zu verlieren ist generell ein vermeidbarer Fehler. In Zeiten des Fachkräftemangels kann es gar das Todesurteil für ein Unternehmen werden.
4. Heutige Führungskräfte müssen Fördermöglichkeiten für gute Mitarbeiter aktiv einsetzen
Personalvorgesetzte müssen in Zukunft noch viel besser einschätzen können, ob ein Mitarbeiter als Führungskraft geeignet ist oder ob es sinnvoller wäre, diesen als Experten auszubilden. Die Unternehmensberater Scheinecker und Biehal (2011) betonen: „Potenzialerkennung ist grundsätzlich eine Führungsaufgabe“, diese Aufgabe darf nicht wegdelegiert werden.
Die Zusammenarbeit mit einem fachkundigen HR-Team kann und soll bei dieser Aufgabe helfen. Wer eine gute Mitarbeiterin dazu drängt, eine Führungsaufgabe zu übernehmen, während diese aber viel lieber als Expertin arbeiten möchte, tut weder sich und noch ihr einen Gefallen. Allerdings haben viele erfahrene Führungskräfte nie gelernt, auf andere Kriterien als das Fachwissen und die berufliche Performance zu achten, wenn es um die Auswahl von Kandidaten für eine Führungsposition geht. Dies muss der Personalbereich mit Schulungen und entsprechenden Auswahlmethoden auffangen.
Fachkarriere als echte Alternative
Natürlich gibt es eine große Anzahl an Führungskräften, die wirklich führen wollen und nicht nur aufgrund des Titels oder des Geldes daran interessiert sind. Bei ihnen ist die notwendige intrinsische Motivation vorhanden.
Um die natürliche und intrinsische Motivation der Mitarbeiter zu fördern, die kein Interesse an Führung und viel mehr Interesse an ihren Fachthemen haben, braucht man geeignete Alternativen zur Führungsrolle. Und das ist die Fachkarriere.
Durch erweiterte Kompetenzen, neue Themenverantwortung, Fortbildung, die Teilnahme an Konferenzen, Durchführung interner/externer Workshops kann man diese exzellenten Mitarbeiter deutlich stärker und effektiver motivieren als durch eine erzwungene Personalverantwortung.
Laut einer Studie ermöglichen mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen „Alternativen zur klassischen Führungslaufbahn“. Fast 90 Prozent der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern eine Fachlaufbahn an.
Doch so beeindruckend diese Zahlen sind, so wenig glaube ich ihnen.
Ich habe in meiner Funktion als Coach, Trainer und Berater bislang nur sehr wenige Unternehmen kennengelernt, bei denen eine Fachkarriere absolut gleichwertig zur Führungslaufbahn war.
IT-Fachfrauen, Ingenieure, Betriebswirte oder Wissenschaftlerinnen sind von ihren Fachgebieten begeistert. Gibt man ihnen die Möglichkeit, sich noch mehr in ihr Gebiet zu vertiefen oder in ein neues einzusteigen, kann ein massiver zusätzlicher Motivationsschub entstehen.
Achtung vor einer Zweiklassengesellschaft zwischen Führungskräften und Fachexperten
Mal anders gefragt:
Welcher Spitzensportler ist über alle Disziplinen hinweg der erfolgreichste und beste Athlet? Die Triathletin oder der Ultra-Marathon-Wüstenläufer, der 100-Meter-Sprinter oder der Welttorhüter, die Bogenschützin oder der Apnoetaucher?
Es gibt keine Antwort darauf.
Doch genau dieses Abwägen geschieht, wenn die Fachkarriere parallel zur Führungskarriere existiert.
Die Fachkarriere wird von der „alten Garde“ von Führungskräften meist beschmunzelt. Oft sind diese Führungskräfte mehr an der Macht über ihre Mitarbeiter interessiert, als an der Mitarbeiterentwicklung. Diese Führungskräfte messen ihren Erfolg an der Anzahl der geführten Köpfe und der Größe des verantworteten Budgets. Und über diese Kriterien steigern sie oft ihren Einfluss auf den Vorstand. Wer bei diesem Wettbewerb um Köpfe und Budgets nicht mitspielen kann, ist aus deren Perspektive auch nicht auf Augenhöhe mit ihnen.
Fachkarriere-Kollegen fehlen all diese Rangabzeichen. Also werden sie oft nicht als gleichwertig angesehen.
Doch wie ist es möglich, diese Akzeptanz für einen Fachkarriere-Kollegen herbeizuführen? Macht es Sinn, wenn in einer Tabelle festgehalten wird, dass ein Bereichsleiter auf gleicher Ebene mit einem Senior Expert steht?
Wohl eher nicht. Eine Tabelle kann hier keine Abhilfe schaffen.
Stattdessen ist ein Kulturwandel notwendig, wie auch im Artikel des Harvard Business Managers beschrieben.
Es gilt, eine Kultur aufzubauen, in der Wissen, Erfahrung und Innovationsfähigkeiten ebenso wichtig sind, wie die Anzahl geführter Mitarbeiter.
Nicht alle Unternehmen schaffen es, diesen Kulturwandel umzusetzen. Aus Angst vor Kontroll- und Machtverlust werden sich insbesondere etablierte Führungsebenen widersetzen.
Die nachhaltige Einführung der Fachkarriere und „Gleichwertigkeit“ mit der Führungskarriere muss durch die oberste Hierarchie, also Geschäftsführung, Vorstand und leitendes Management vorgelebt werden. Wenn in deren engsten Management-Kreis, der über die Strategie des Unternehmens entscheidet, auch Fachexperten ohne Personalverantwortung einen festen Sitz und Einfluß haben, dann ist dies ein wichtiges Signal an die Organisation.
Fazit: Fachkarriere ist zwingend notwendig
Die Fachkarriere einzuführen und langfristig zu fördern ist zwingend notwendig.
Es ist aber nicht damit getan, einfach nur eine neue Option in die Personalmaßnahmen aufzunehmen. Experten müssen nicht nur ihr Fachwissen ausbauen, sondern auch ihre Soft Skills. Solange Menschen miteinander kooperieren, müssen auch Experten ihre Kommunikationsfähigkeiten, ihren Einfluss auf andere Bereiche oder die Fähigkeiten zur Pflege ihres Beziehungsnetzwerks kontinuierlich verbessern.
Die Akzeptanz von Fachexperten steigt enorm, wenn sie Entscheidern einen echten Wertbeitrag bieten und Expertenideen so „verkaufen“ können, dass andere Personen (mit weniger Fachwissen) diese auch verstehen. Eine solche Begabung ist Experten nicht von Natur aus gegeben. Damit ihr Know-How und ihre Meinungen jedoch gehört werden, ist diese Fähigkeit unabdingbar.
Hausaufgaben bei der Trennung von Führungs- und Fachkarriere
Daraus ergeben sich viele Aufgaben für Personalabteilungen.
Das beginnt bei der Frage der Auswahlkriterien für Führungs- und Fachkarriere-Positionen, geht über die Ausgestaltung der Fachkarriere-Optionen und endet bei den Regeln, die den Anspruch auf Firmenwagen oder Gehälter definieren. Denn gerade letztere Vergütungskomponenten dürfen nicht an die Führungskarriere gekoppelt sein.
Sobald es eine Fachkarriere gibt, ändern sich auch die Aufgaben der anderen Führungskräfte. Deren Fachexpertise wird (noch mehr als bislang) in den Hintergrund treten. Dafür werden Führungsfähigkeiten, strategisches Denken, die Fähigkeit zum Coaching von Mitarbeitern deutlich wichtiger. Erfolgreiche Führungskräfte werden Personen sein, die nicht über das größte technische Fachwissen verfügen, sondern starke Fähigkeiten als Führungskraft mitbringen.
Führungs- und Fachkarriere – die Mühe lohnt sich
Der Aufwand, der bei der Einführung der Fachkarriere und einer Gleichstellung zur Führungskarriere zu treiben ist, lohnt sich.
Wer daran zweifelt, sollte einmal ausrechnen, welcher Schaden und entgangener Gewinn in den letzten Jahren im eigenen Unternehmen dadurch entstanden ist, dass nicht für die Führung geeignete bzw. nicht daran interessierte Experten zur Führungskarriere gezwungen wurden und entweder frustriert das Unternehmen verlassen oder durch Demotivation des eigenen Teams zu einem nachhaltigen Einbruch der Produktivität oder gar Kündigungen der demotivierten Teammitglieder geführt haben.
Wer immer noch nicht überzeugt ist, wird spätestens bei Gesprächen mit jüngeren Generationen dazu gezwungen, andere Karriereoptionen anzubieten – da diese vielfach keinen Sinn mehr in der Führungsaufgabe sehen.
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