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Das Peter-Prinzip und was es für Führungskräfte bedeutet [Psycho-Wissen]

Das Peter-Prinzip Psycho-Wissen für Führungskräfte

Als Laurence J. Peter 1968 das Peter-Prinzip beschreibt und sein Buch veröffentlicht, war nicht ganz klar, ob er damit eigentlich einen Scherz machen will. Oder scherzhaft auf ein ernsthaftes Problem hinweisen möchte.

Anders als Maslows Bedürfnispyramide, die im Grunde keinerlei wissenschaftliche Grundlagen hat, aber als wissenschaftlich fundiert angenommen wurde, ist das Peter-Prinzip sowohl eine Hypothese als auch (leider) eine allzu gegenwärtige Beschreibung der Realität. (Über die Mängel an Maslows Bedürfnispyramide schreibe ich hier ausführlich: Maslows Bedürfnispyramide ist falsch)

Was ist das Peter-Prinzip?

Das Peter-Prinzip besagt, dass in einer hierarchischen Organisation jeder Mitarbeiter dazu tendiert, bis zu der Hierarchiestufe aufzusteigen, auf der er inkompetent ist. Zugrunde liegt die Beobachtung, dass Mitarbeiter in der Regel aufgrund ihrer Fähigkeiten in der aktuellen Position befördert werden und nicht aufgrund der Fähigkeiten, die sie in ihrer zukünftigen Aufgabe erfolgreich machen.

Das Peter-Prinzip, oder auch Unfähigkeitsprinzip, dient immer wieder der Belustigung unter Mitarbeitern. Vor allem dann, wenn „mal wieder“ ein Mitarbeiter auf eine neue Hierarchiestufe „weggelobt“ wird.

Aber die Frage ist: Gibt es Beweise für das Peter-Prinzip?

Beweise für das Peter-Prinzip

Die drei Professoren Alan Benson, Danielle Li und Kelly Shue analysierten im Zeitraum von 2005 – 2011 insgesamt 53.035 Vertriebsmitarbeiter aus 214 amerikanischen Unternehmen .

In diesem Zeitraum wurden 1.531 dieser Vertriebsmitarbeiter zum Vertriebs-Manager befördert.

Kurz gesagt: Die Studie zeigt, dass

  1. in aller Regel die Vertriebsmitarbeiter mit den besten Vertriebsergebnissen befördert wurden
  2. diese beförderten Top-Vertriebler als Führungskraft eine schlechte Leistung ablieferten

Die Kurz-Zusammenfassung finden Sie hier: Beförderungen und das Peter-Prinzip

Die ausführliche Studie zur Beförderung von Vertriebsmitarbeitern, deren Erfolg als Führungskraft und dem Peter-Prinzip finden Sie hier: Beförderungen und das Peter-Prinzip – Working Paper

Marshall Goldsmith, einer der renommiertesten CEO-Coaches der Welt, beschreibt in seinem Buch „Was Dich hierher gebracht hat, wird Dich nicht weiterbringen“ die 20 Fehler oder kritischen Verhaltensweisen von Top-Führungskräften, die er in seinen mehr als 25 Jahren Coaching-Tätigkeit beobachtet hat.

Da das Buch gegenwärtig leider auf Deutsch nicht mehr lieferbar ist, können Sie die Liste mit diesen 20 Fehlern, die ich um 4 weitere aktuelle Fehler ergänzt habe, hier herunterladen:

Der Titel des Buches ist seine wichtigste Erkenntnis, die das Peter-Prinzip bestätigt:

Die Fähigkeiten und Charaktereigenschaften,
die uns in unserer heutigen Position erfolgreich machen,
sind nicht die Fähigkeiten,
die wir in der nächsten Position benötigen.

Beispiele für das Peter-Prinzip

Ein super-erfolgreicher Vertriebler ist möglicherweise ein genialer Netzwerker im Umgang mit seinen Kunden. Die Kunden lieben ihn dafür, dass sie Angebote bekommen, mit denen kein Konkurrent mithalten kann.

Dass der Vertriebler dafür jedoch im Hintergrund seine interne Organisation ständig am Limit fährt, intern gnadenlos noch bessere Preise fordert oder Mitarbeiter nächtelang durcharbeiten müssen, um das Angebot fertigzustellen, das sieht man nicht. Auch wenn diese Vorgehensweise bereits in dieser Rolle langfristig nicht gut ist, macht sie ihn dennoch zu einem erfolgreichen Vertriebler.

Wird dieser Vertriebler befördert, muss er plötzlich dafür sorgen, dass die gesamte Vertriebs-Organisation produktiv ist, effektiv arbeitet, man sich vertraut und kooperiert. Die Fähigkeiten, eine solche Organisation aufzubauen, hat er aber nicht. 

Was ihn in seiner vorherigen Position erfolgreich gemacht hat, war sogar das Gegenteil von dem, was er nun zeigen müsste. Er hat seine Stufe der Inkompetenz erreicht.

Peter-Prinzip-Beispiel 2:

Oder eine unglaublich beliebte Lehrerin. Die genial darin ist, auch lernschwachen Schülern Dinge beizubringen, bei denen andere scheitern. Die aus einer Klasse ein echtes Team formt und in jedem Kind die individuellen Talente zum Vorschein bringt.

Wird diese Lehrerin zur Schulleiterin befördert, hat sie kaum noch etwas mit Schülern zu tun.

Dafür muss sie alle Lehrer unter einen Hut bringen. Sie muss sich mit der Schulbehörde rumschlagen. Und politisch agieren, um Budgets der Landesregierung zu sichern. Diese Fähigkeiten hat sie davor nie gebraucht.

Gleichzeitig darf sie das, was sie liebt, nicht mehr tun: Sich um Schüler kümmern! 

Diese beiden Beispiele zeigen die Problematik, wenn die Beförderung aufgrund der Ergebnisse getroffen werden, die in der aktuellen Rolle erbracht werden.

Anstatt zu prüfen, ob die Fähigkeiten vorhanden sind, die nach der Beförderung notwendig sind.

Was durch das Peter-Prinzip bei der Führungskraft passiert

Ist die neue Führungskraft auf der Stufe ihrer Inkompetenz angelangt, können mehrere Dinge geschehen:

  1. Die neue Führungskraft erkennt ihre Schwächen, stellt sich ihnen und wird auch darin gut
  2. Die neue Führungskraft erkennt ihre Schwächen, will sie nicht wahrhaben und unternimmt alles, damit andere dieses Schwächen nicht sehen (meistens vergeblich, aber sie macht es dennoch)
  3. Die neue Führungskraft erkennt ihre Schwächen, und, weil sie nicht weiß, wie sie diese abstellen soll, konzentriert sie sich lieber weiterhin auf Aufgaben aus ihrer vorherigen Rolle (statt zu führen) und demotiviert die Mitarbeiter durch gnadenloses Mikro-Management
  4. Die neue Führungskraft erkennt, dass dieser Job nichts für sie ist und sie geht zurück auf ihre vorherige Position (die absolute Seltenheit, weil ein solches Verhalten in den meisten Organisationen nicht akzeptiert wird)
  5. Die neue Führungskraft erkennt ihre Schwächen nicht, nimmt jedoch das Feedback an und arbeitet an sich
  6. Die neue Führungskraft erkennt ihre Schwächen nicht und lässt sämtliche Kritik an sich abprallen

Es kann also ziemlich viel passieren.

Es kann gut gehen und Mitarbeiter können nach der Beförderung die Fähigkeiten erlangen, die sie zu einer erfolgreichen Führungskraft machen.

Die Gefahr ist jedoch groß, dass es schiefgeht.

Und damit das Peter-Prinzip bestätigt wird.

Das wahre Drama des Peter-Prinzips

Das Peter-Prinzip ist nicht nur eine amüsante Anekdote, sondern sorgt in vielen Richtungen für Probleme.

Durch die Beförderung der falschen Mitarbeiter zu Führungskräften, sorgen wir dafür, dass

  1. Diese neue Führungskraft weniger Freude an der Arbeit hat, weil sie nicht mehr das tun kann, was sie wirklich am besten kann
  2. Verlieren wir den besten Experten in seiner fachlichen Rolle, weil dieser ja jetzt Führungskraft ist und führen soll
  3. Demotivieren wir die Mitarbeiter der neuen Führungskraft, weil sie von jemandem geführt werden, der nicht führen kann
  4. Reduzieren wir die gesamte Leistungsfähigkeit des Teams
  5. Muss derjenige, der die Führungskraft befördert hat, sich entweder für die Fehlentscheidung rechtfertigen oder er versucht, diese falsche Entscheidung zu kaschieren

Alles in allem gibt es ziemlich viele Verlierer.

Gründe für das Peter-Prinzip

In den Beispielen konnten wir schon sehen, warum es recht wahrscheinlich ist, dass wir früher oder später auf der Stufe unserer Inkompetenz ankommen.

Das Problem besteht darin, welche Personen für eine Beförderung vorgeschlagen werden.

In den allermeisten Unternehmen und Beförderungsprozessen befördert man nahezu immer auf Basis der Kriterien, die einen Mitarbeiter in seiner jetzigen Rolle erfolgreich gemacht haben.

Und führen, na das kann der dann bestimmt auch“.

Diese Einstellung zeigt, wie wenig die Aufgabe der Führung wirklich ernst genommen wird.

Niemand käme jemals auf die Idee, einen exzellenten Flugzeugmechaniker zum Piloten zu machen – weil er sich so super mit Flugzeugen auskennt.

Oder eine OP-Schwester zur Chirurgin – weil sie schon bei 1.000 Operationen hervorragend mitgearbeitet hat.

In meinen Leadership-Seminaren sprechen manche Teilnehmer im Vertrauen mit mir darüber, dass sie eigentlich gar nicht führen wollen. Dass sie massive Zweifel daran haben, diese Verantwortung tragen oder die, in der Rolle oft notwendigen, politischen Spiele in einem Konzern mitspielen zu wollen. Dennoch nehmen sie die Beförderung an, weil ihre Karriere ansonsten beendet ist. Weil es keine andere Option gibt.

Das Peter-Prinzip ist nicht das Problem, sondern ein Symptom.

Blicken wir auf das Problem dahinter…

Der wahre Grund für das Peter-Prinzip

Sehr viele Mitarbeiter wollen „Karriere machen“.

In vielen Fällen, weil sie mehr Geld verdienen wollen. Oder einen Firmenwagen. Oder eine bessere Altersvorsorge.

Der Fehler im System und die Hauptursache für das Peter-Prinzip besteht darin, dass die Höhe des Gehalts, Firmenwagen, und Co. fast immer an eine Führungskarriere gebunden sind.

Und damit Menschen gezwungen werden, sich für eine Führungslaufbahn zu interessieren, auch wenn sie dafür weder geeignet sind, noch Interesse daran haben.

Wie lange sprechen wir schon davon, dass es endlich eine parallele Laufbahn geben muss: Die Fachkarriere.

Dazu habe ich bereits ausführlich Stellung bezogen: Fachkarriere – die zwingend notwendige Alternative zur Führungslaufbahn 

Dennoch ist diese leider in vielen Unternehmen nicht wirklich existent.

Ich bin davon überzeugt:

Solange es keine absolut gleichberechtigte Fachkarriere gibt,
werden wir nach wie vor unzählige Menschen dazu zwingen,
bis zum Erreichen ihrer individuellen Stufe des Peter-Prinzips befördert zu werden.

Dass wir damit die bereits angeführten Nebenwirkungen in Kauf nehmen, die sich

  • sowohl auf diese Führungskraft,
  • als auch auf die von demjenigen geführten Mitarbeiter,
  • dessen Vorgesetzten,
  • die mit demjenigen zusammenarbeitenden anderen Unternehmens-Bereiche, Kunden und Geschäftspartner,
  • und damit selbstverständlich auf den Erfolg des Unternehmens auswirken,

wird übersehen.

Was Führungskräfte aus dem Peter-Prinzip lernen müssen

Wenn Sie die Entscheidung über Beförderungen von Mitarbeitern treffen oder dabei mitwirken, dann achten Sie bitte unbedingt darauf, dass

  1. die für die zukünftige Aufgabe erforderlichen Fähigkeiten festgelegt und als Auswahlkriterien genutzt werden – und nicht nur die aktuelle Performance auf der gegenwärtigen Position
  2. Mitarbeiter, die auf der aktuellen Position einen exzellenten Job machen, aber (gegenwärtig) nicht für eine Führungsrolle geeignet sind, entweder durch eine Fachkarriere weiterentwickelt werden, oder durch vorbereitende Ausbildungsmaßnahmen die Führungsfähigkeiten erlernen, bevor sie diese Rolle übernehmen
  3. Mitarbeitern, die sich zum aktuellen Zeitpunkt definitiv nicht als Führungskraft eignen, andere Optionen angeboten und die Führungslaufbahn verwehrt wird
  4. bei der Vor-Auswahl von Mitarbeitern, die überhaupt befördert werden könnten, auf deutlich mehr Kriterien geachtet wird, als die für den aktuellen Job üblichen Bewertungskriterien

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