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Der Lockvogel-Effekt oder “wie viele Entscheidungsoptionen sind nötig?” – Psycho-Wissen für Führungskräfte

Lockvogel Effekt-Wie viele Optionen sind nötig-Psycho-Wissen für Führungskräfte

Wenn Sie Ihren eigenen Vorgesetzten, Ihre Kunden, eine andere Abteilung oder aber Ihre Mitarbeiter beeinflussen wollen – wie viele Optionen sollten Sie denjenigen aufzeigen, wenn eine Entscheidung zu treffen ist?

Nur eine?

Zwei?

Drei?

So viele wie möglich?

Sie werden kaum glauben, welchen enormen Unterschied die Anzahl der vorgestellten Optionen ausmacht und erfahren im Laufe dieses Artikels, wie vielleicht auch Sie vom „Decoy Effect“ (Lockvogel-Effekt) beeinflusst werden.

Was ist der Lockvogel-Effekt (Decoy Effect):

Der Lockvogel-Effekt (Decoy Effect) beschreibt ein Phänomen der Verkaufspsychologie (und damit der Verhaltenspsychologie), bei dem die Kaufentscheidung eines Käufers, der zwischen zwei Optionen auswählen kann, durch Hinzufügen einer dritten, offensichtlich unattraktiven (Lockvogel-)Option dahingehend beeinflusst werden kann, dass die bessere bzw. teurere Option gekauft wird.

Haben Sie die Definition zweimal gelesen?

Ja, der Lockvogel-Effekt führt tatsächlich dazu, dass nach Hinzufügen einer eher sinnlosen Lockvogel-Option das bessere oder teurere Produkt gekauft wird.

Oder eben die bessere oder aufwändigere Umsetzung eines Projekts, der teurere Berater oder die umfassendere Schulung beauftragt wird.

Kommen wir zur Ausgangsfrage zurück:

Wie viele Optionen sollten wir jemandem vorschlagen?

Nur eine Option?

Wie fühlen Sie sich, wenn Ihnen ausschließlich eine einzige Option vorgeschlagen wird?

Mir persönlich stellen sich sofort die Nackenhaare auf und ich denke „ok, es gibt immer eine zweite Option“. Mindestens.

Um Harvey Specter aus der Erfolgsserie Suits zu bemühen: „Wenn Du mit einer Pistole bedroht wirst, hast Du nicht nur “Nachgeben” oder “Sterben” zur Auswahl, sondern noch mindestens 146 weitere Optionen“.

Erinnern Sie sich an die vielen politischen Entscheidungen, die alle „alternativlos“ waren?

Waren sie das wirklich?

Eine Alternative ist immer: Nichts zu tun.

Manchmal ist das gar nicht die Schlechteste!

Deswegen ist es selten empfehlenswert, wenn wir unseren Mitarbeitern, Vorgesetzten oder Kunden sagen: „es gibt nur diese eine Option“.

Es mag des Öfteren so sein, dass es nur eine vernünftige Option gibt.

Dann können wir das auch so sagen: „Wir haben die Situation untersucht und verschiedene Optionen betrachtet. Es ist dabei nur eine herausgekommen, die mit Abstand den meisten Sinn macht.“

Das ist eine gute Aussage.

Anders als: „Wir müssen es so machen. Es gibt keine andere Möglichkeit.

Sollten wir also zwei Optionen vorschlagen?

Zwei ist auf jeden Fall besser als nur eine. Allerdings kommt jetzt die Verhaltenspsychologie zum Tragen. Und die persönliche Neigung.

Sehr viele Menschen tendieren bei zwei Optionen dazu, ihrer persönlichen Neigung nachzugeben.

  • Manche kaufen immer das teuerste.
  • Manche nehmen immer das günstigste.
  • Andere immer das beliebteste Modell.
  • Wiederum andere nehmen immer das neueste Produkt.

Betrachten wir ein Beispiel:

Folgendes Bild zeigt eine Anzeige für die Zeitschrift und das Online-Angebot des Economist:

Economist Anzeige mit 2 Optionen ohne Lockvogel

Economist Anzeige mit 2 Optionen ohne Lockvogel (c) The Economist/Dan Ariely

Die erste Option, der ausschließliche Zugriff auf das Online-Angebot, war das günstigere der beiden und entsprechend beliebt.

68% entschieden sich für die günstige Option 1

32% für Option 2

Schwarz-Weiß-Denken wird durch die Vorlage von zwei Optionen sehr einfach möglich.

Falls wir die beiden Optionen sehr clever wählen, dann könnten wir dadurch unser Gegenüber dazu bringen, sich für „unsere“ Option zu entscheiden.

Wenn nur zwei Optionen vorgeschlagen werden, dann ist es jedoch auch gut möglich, dass unser Mitarbeiter, Vorgesetzter oder Kunde sagt: „Ich sehe aber noch eine ganz andere Möglichkeit.“ und unser ganzes Argumentations-Kartenhaus fällt in sich zusammen. Zwei Optionen können wie eine “entweder – oder” Erpressung wirken.

Aber es kann natürlich auch gut gehen. Vor allem dann, wenn unser Gegenüber immer nur zwei Optionen sehen möchte.

Womit wir zur spannenden dritten Variante und dem Lockvogel-Effekt (Decoy Effect) kommen:

Drei Optionen und der Lockvogel-Effekt

Wenn wir drei Optionen vorschlagen, muss unser Gegenüber eine echte Entscheidung treffen. Durch eine clever gewählte dritte Option können wir unseren Chef, Mitarbeiter, Kunden oder auch unsere Kinder oder Lebensgefährten massiv beeinflussen.

Moment, ich muss eines vorwegschicken:

Ich gehe davon aus, dass wir eine bevorzugte Option haben und den anderen davon überzeugen wollen, diese Option zu wählen.

Falls es uns völlig egal ist, was herauskommt, dann können Sie hier aufhören zu lesen.

Ok, schön dass Sie noch dabei sind.

Also, wir haben also eine bevorzugte Option und nutzen nun den Lockvogel-Effekt.

Sehen wir uns nochmals die Anzeige des Economist an. Und jetzt die Variante, die tatsächlich genutzt wurde:

Economist Anzeige mit 3 Optionen mit Lockvogel (c) The Economist/Dan Ariely

Economist Anzeige mit 3 Optionen mit Lockvogel (c) The Economist/Dan Ariely

Sie sehen, es gibt eine dritte Option in der Mitte. Das Abo der Druckausgabe, ohne den Online-Zugang.

Diese Option macht wirklich überhaupt keinen Sinn. Denn das reine Print-Abo ohne Online-Zugang kostet genauso viel wie das Print-Abo inklusive Online-Zugang.

Jeder vernünftige Mensch würde sagen, dass der Werbetexter wohl bekloppt sein muss, eine solche Option in die Anzeige aufzunehmen.

Weit gefehlt…

Das Ergebnis mit dieser dritten, der Lockvogel-Option war nun:

0% entschieden sich für das reine Druck-Abo.

Das ist gut, denn diese Auswahl ist sinnlos.

16% wollten den reinen Online-Zugang

84% nahmen das Kombi-Angebot

Vergleichen wir nochmals:

 
  Prozentsatz Käufer Variante 1
(nur zwei Optionen)
Prozentsatz Käufer Variante 2
(drei Optionen)
Nur Online (US$ 59) 68 % 16 %
Nur Print (US$ 125)      0 %

Online und Print (US$ 125)

32 % 84 %


Rechnen wir das mal kurz für 1000 neue Abonnenten aus:

 
  Gesamteinnahmen Variante 1 Gesamteinnahmen Variante 2
Nur Online (US$ 59) US$ 40.120 US$ 9.440
Nur Print (US$ 125)   US$ 0

Online und Print (US$ 125)

US$ 40.000 US$ 105.000

Summe

US$ 80.120 US$ 114.440 

  42 % mehr Umsatz

 


Wichtig beim Lockvogel-Effekt ist, dass dieser Lockvogel grundsätzlich mit den anderen beiden Optionen zu tun haben muss.

Wäre die dritte Version beispielsweise „Print + Eintrittskarten zu zwei Veranstaltungen des Economist“ hätten wir viele potentielle Käufer komplett verwirrt – und vom Kauf abgehalten. Denn sie müssen dann mehr und neue Kriterien berücksichtigen. Also entscheiden sie sich lieber gar nicht.

Deswegen sollte der Lockvogel eher eine überteuerte Variation der anderen Optionen sein.

Der Verhaltensforscher Dan Ariely beschreibt dieses Experiment in folgendem Video:

Anderes Beispiel gefällt?

Wenn Sie im Kino Popcorn angeboten bekommen, dann gibt es vielleicht folgende Optionen:

  1. Kleines Popcorn: EUR 3
  2. Großes Popcorn: EUR 6

Also kaufen Sie das kleine Popcorn. Zumindest, wenn Sie alleine ins Kino gehen.

Wenn die mittelgroße Portion Popcorn als Lockvogel agiert, wird die große Portion plötzlich sehr attraktiv

Wenn die mittelgroße Portion Popcorn als Lockvogel agiert, wird die große Portion plötzlich sehr attraktiv

Doch was passiert in folgender Konstellation?

  1. Kleines Popcorn: EUR 3
  2. Mittleres Popcorn: EUR 5,50
  3. Großes Popcorn: EUR 6

Hmm, Sie bekommen für nur fünfzig Cent zusätzlich doppelt so viel Popcorn wie bei der mittleren Portion. Na das lohnt sich aber. Also greifen wir zu…

Zumindest macht das ein beträchtlicher Anteil der Kunden.

Falls Sie sich komplett im Griff haben und gar kein Popcorn kaufen, dann bringt auch der Lockvogel nichts.

Wenn Sie aber gerne Popcorn mögen, dann wird der Lockvogel dem Kiosk-Betreiber zusätzliches Geld in die Kasse spülen.

Sollten wir mehr als drei Optionen vorschlagen?

Ok, wenn also der Lockvogel einen solchen Effekt hat, kann man dann durch noch mehr Optionen auch noch mehr erreichen?

Dazu gibt es die leckere Marmelade-Studie.

Die Studie lief wie folgt ab:

In einem Supermarkt gab es einen kleinen Stand, an dem man Marmelade testen konnte.

  • Option 1: Es standen 24 Marmeladen zur Auswahl
  • Option 2: Es standen 6 Marmeladen zur Auswahl

Zu viel Auswahl verhindert oft eine Entscheidung

Zu viel Auswahl verhindert oft eine Entscheidung

Frage 1: Wie viele Käufer bleiben stehen und testen die Marmelade?

Bei 24 Marmeladen sind immerhin 60% der Kunden stehengeblieben. Das ist eine gute Zahl.

Bei 6 Marmeladen waren nur 40% der Kunden interessiert daran, sie zu testen.

Das legt den Schluss nahe: Mehr Auswahl = Mehr Interesse

Soweit, so gut.

Aber kaum ein Marmeladenhersteller wird davon überleben können, dass seine Marmeladen getestet werden. Man braucht kaufende Kunden.

Man könnte denken: “Ok, wenn 60% getestet haben, dann haben doch sicherlich insgesamt auch mehr Kunden gekauft – oder nicht?”

Das Gegenteil ist der Fall.

Beim Testen ist eine größere Auswahl ganz nett. Denn man kann ja keinen Fehler machen! Das Testen kostet nichts, also gilt “mehr = besser”.

Wenn man jedoch kauft, kann man bei einer großen Auswahl umso mehr Fehler machen.

Frage 2: Wie viele Personen kaufen die Marmelade?

Bei den 6 Marmeladen zur Auswahl, kauften insgesamt 30% derjenigen, die Marmelade getestet haben. Ja, 30%! Das ist ordentlich.

Bei den 24 Marmeladen waren es lächerliche 3%.

Das bedeutet von 100 Supermarktbesuchern, haben 60 etwas probiert (“wow, super Erfolg“), aber nur 1,8 davon etwas gekauft.

Wenn jedoch 100 Leute den Supermarkt besuchten, aber nur aus 6 Marmeladen auswählen konnten, haben 40 Personen etwas probiert und 12 Personen haben etwas gekauft. Das ist 6x soviel wie bei der größeren Auswahl!

Vergleichbare Experimente gibt es zuhauf und das Buch „The Art of Choosing“ von Sheena Iyengar zeigt uns viele faszinierende Beispiele dazu: The Art of Choosing auf Amazon

Das bedeutet für uns: Zu viele Optionen sorgen für eine Entscheidungsstarre und wer jemals in einem Restaurant mit 150 verschiedenen Pizzaoptionen war, wird vermutlich entweder die anderen Gäste „Was nimmst Du?“ oder den Ober gefragt haben „Was empfehlen Sie?“. Weil wir von der Auswahl überwältigt waren.

Fazit “Wie viele Optionen sind gut?“ und der Lockvogel-Effekt

Wir sehen also, dass es keinen Sinn macht, zu viele Optionen aufzuzeigen, wenn wir dafür sorgen wollen, dass unser Gegenüber eine Entscheidung trifft.

Falls es sehr viele Optionen gibt, dann sollten Sie entweder vorher eine Auswahl treffen.

Oder aber vorher mit dem Entscheider konkrete Kriterien definieren, die relevant sind und die Vorauswahl vereinfachen. Gehen Sie erst dann in die Details, wenn die Vorauswahl erfolgt ist.

Entscheidungen kosten sehr viel geistige Kapazitäten und Energie. Unser Gehirn ist jedoch darauf bedacht, Energie zu sparen. “Keine Entscheidung” zu treffen kostet, kurzzeitig betrachtet, am wenigsten mentale Energie…

Tipp für Sie:

Treffen Sie Entscheidungen möglichst immer am Vormittag, und zwar deutlich vor dem Moment, an dem Sie Hunger auf das Mittagessen bekommen. Denn Hunger, vor allem Unterzuckerung, ist ein sicherer Garant dafür, dass wir keine Entscheidung treffen oder genauso weitermachen, wie bisher.

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