Der Confirmation Bias (auf Deutsch: Bestätigungsfehler) ist die menschliche Neigung, genau die Informationen zu bevorzugen, nach ihnen zu suchen und diese als wichtig anzusehen, die unsere bisherige Meinung bestätigen.
Unsere ohnehin sehr selektive Wahrnehmung ist nicht nur deswegen selektiv, weil wir die auf uns einströmenden Informationen ohnehin nicht alle verarbeiten können, sondern auch, weil wir jede Information sofort bewerten. Und wir tendieren dazu das stärker zu bewerten, was unsere Meinung bestätigt.
Haben Sie schon einmal mit dem Gedanken gespielt, sich ein bestimmtes Auto zu kaufen, sagen wir, einen blauen X3. Und plötzlich fallen Ihnen ständig blaue X3 auf. So viele haben Sie noch nie gesehen.
Der Confirmation Bias will Ihnen damit bestätigen, dass Sie die richtige Wahl getroffen haben.
Welche Rolle spielt der Confirmation Bias für Führungskräfte?
Was beim Autokauf eine nette Geschichte sein mag, ist in der Führung eine große Chance und ein Risiko zugleich.
Man könnte sagen, der Confirmation Bias macht uns teilweise blind für die Realität.
Man könnte ebenfalls sagen, dass der Confirmation Bias uns auf einzelne Dinge konzentrieren lässt, während wir anderes ausblenden.
Die Frage ist: Ist dies kritisch oder hilfreich?
Der Vorteil des Confirmation Bias in der Führung
Vorteile des Confirmation Bias in der Führung finden wir beispielsweise hier:
- Wir glauben, dass eine Mitarbeiterin sehr gut darin ist, Präsentationen zu halten. Sie selbst sieht das nicht so, aber wir sind davon überzeugt.
Immer dann, wenn diese Mitarbeiterin in einer Besprechung etwas vorstellt, sehen wir ihre Präsentationsstärke. Macht sie kleine Fehler, sehen wir darin eine Chance für sie, noch besser zu werden.
Dementsprechend geben wir ihr zusätzliche Präsentationsaufgaben und konstruktives Feedback, um noch besser zu präsentieren. Sechs Monate später hat sie 70 Präsentationen gehalten und glaubt nun selbst daran, dass sie gut präsentiert. Sie sagt „in den letzten Terminen habe ich mich wirklich wohl beim Präsentieren gefühlt und die Teilnehmer immer überzeugen können“.
Der Confirmation Bias hat zuerst Sie dabei beeinflusst, die Stärken der Mitarbeiterin überproportional zu bewerten und danach hat die Mitarbeiterin dies ebenfalls geglaubt. (Siehe auch Der Pygmalion Effekt) - Wir glauben, dass es eine Geschäftschance in einem bislang nicht beachteten Bereich einer Branche gibt. Wir recherchieren danach und finden plötzlich immer mehr Beweise dafür.
Wir setzen uns mit Nachdruck dafür ein, erzielen erste Erfolge und nehmen diese als zusätzlichen Beweis für die Idee. Wettbewerber sind nicht aktiv – was wir als Warnung oder Chance sehen können. Wir sehen es als Chance und besetzen den Markt langsam, aber stetig.
Der Confirmation Bias hat uns dabei geholfen, weiterhin fest an eine Chance zu glauben und Durchhaltevermögen zu zeigen – was uns Erfolg gebracht hat.
Ein Paradebeispiel hierfür ist Elon Musk mit Tesla. Sie müssen nur wenige Jahre zurückgehen, um zu sehen, dass Tesla diverse Male vor dem Bankrott stand. Doch Elon Musk steckte wie ein Wahnsinniger all sein Geld in das Unternehmen. Er stand selbst vor dem persönlichen Ruin. 999 von 1000 anderen hätten aufgegeben. Er nicht. Sein Confirmation Bias mit dem Glauben an die Idee hat ihm am Ende Erfolg gebracht. Wäre er gescheitert, hätten 999 gesagt „Das habe ich schon vorher gewusst, dass das nichts wird.„
Das Risiko des Confirmation Bias in der Führung
Schon die Beispiele mit den Vorteilen des Confirmation Bias in der Führung machen klar, dass es ein schmaler Grat zwischen Fokus auf eine Chance und starrsinniger Verfolgung einer sinnlosen Idee ist.
- Bei der Loss Aversion haben wir Situationen betrachtet, in denen wir jegliche Warnzeichen missachten und weiterhin ein Projekt unterstützen, das bereits tot ist.
Doch jedes noch so kleine Hoffnungszeichen weckt, befeuert von der Loss Aversion und der Sunk Cost Fallacy, unseren Confirmation Bias. Der wiederum macht uns Mut, dass jetzt endlich der Durchbruch vor der Haustüre steht.
Jeder andere hält uns für bekloppt, aber wir machen weiter. Bis wir ruiniert sind.
Wenn wir als Führungskraft so handeln, riskieren wir nicht nur unsere Karriere. Wir riskieren Arbeitsplätze oder gar ganze Unternehmen. - Gelegentlich begegnen wir als Führungskraft einem jüngeren Mitarbeiter „der genauso ist wie wir“ als wir noch jünger waren.
Wir erkennen die gleichen Charakterzüge, gleiche Verhaltensweisen, gleiche Interessen. Und sind dann davon überzeugt, dass derjenige auch das gleiche erreichen will wie wir.
Also fördern wir den Mitarbeiter so, wie wir gerne gefördert worden wären.
Wir stellen ihm Herausforderungen und bereiten die Karriere vor. Wenn der Mitarbeiter die Hürden nimmt, bekommt unser Confirmation Bias zusätzliche Nahrung und bestärkt uns in dem Glauben, unser jüngeres Ich getroffen zu haben. Hat der Mitarbeiter keinen Erfolg, nimmt er die Chancen nicht an oder äußert gar den Wunsch, etwas anderes zu machen, blenden wir dies als temporäre Verwirrung des Mitarbeiters oder mangelndes Selbstvertrauen aus.
Wir wissen es besser. Wir waren vielleicht selbst als junger Mitarbeiter zu wenig selbstbewusst – und der Confirmation Bias verschleiert all die Warnsignale, die der Mitarbeiter aussendet.
Bis er kündigt. Und wir danach von demjenigen maßlos persönlich enttäuscht sind, weil er unsere Erwartungen nicht erfüllt hat. Dabei war es unser verschobenes Bild von ihm, das bei uns falsche Erwartungen gefördert hat.
Vielleicht erinnert Sie das auch an die selbsterfüllende Prophezeiung, über die ich ebenfalls bereits geschrieben habe (siehe Artikel: Die selbsterfüllende Prophezeiung)?
Die Nachteile und Risiken des Confirmation Bias liegen in der Führung darin, zu lange an einem „falschen“ Bild, Eindruck, Urteil festzuhalten, obwohl bereits hinreichend gegenteilige Beweise oder Hinweise vorliegen. Die wir aber nicht sehen können und wollen.
Ebenso müssen wir als Führungskraft natürlich darauf achten, ob unsere Mitarbeiter dem Confirmation Bias unterliegen.
Wie kann man Risiken des Confirmation Bias/Bestätigungsfehlers abmildern?
Niemand ist komplett vor dem Confirmation Bias sicher.
Was auch gut ist, denn der Confirmation Bias bietet diverse Chancen.
Jeder von uns ist unterschiedlich stark für ihn anfällig. Außerdem ist der Confirmation Bias umso stärker, je emotionaler uns ein Thema packt.
Angenommen, Sie sehen jetzt nur noch blaue X3 im Straßenverkehr. Also denken Sie sich, dass der Kauf des Autos eine gute Idee wäre. Weil Ihnen der Wagen gefällt und die Tatsache, dass der Wagen so oft zu sehen ist, bestätigt Ihr Urteil. Aber eigentlich sind Ihnen die Farbe und das Modell des Autos nicht wichtig. Wichtig ist, dass Ihr Hund in den Kofferraum passt. Schlägt Ihr Partner jetzt den Kauf eines anderen Autos vor, das ebensoviel Platz für den Hund bietet, dann werden Sie zustimmen.
Wenn Sie jedoch Feuer und Flamme für das Auto wären, sich bereits mit allen Details, Sonderpaketen, Finanzierungsoptionen, etc. beschäftigt haben, dann wird Ihr Confirmation Bias Sie emotional zu einem Kampf für dieses Automodell antreiben. Denn die Tatsache, dass Sie das Auto so oft auf der Strasse sehen, ist ein Beweis dafür, wie gut der Wagen ist. Selbst wenn Ihr Partner Ihnen eine Alternative zeigt die günstiger ist, besser aussieht, weniger verbraucht und sogar mehr Platz für Ihren Hund hat.
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Emotionen machen blind
Daher sind unsere Chancen, den Confirmation Bias unter Kontrolle zu bekommen, stark von unserer emotionalen Bindung an ein Thema abhängig.
Je stärker wir emotional involviert sind, desto mehr schlägt er zu.
Haben wir ein Projekt aus der Taufe gehoben, dann kämpfen wir für „unser Baby“.
Geht es jedoch um das Projekt eines Kollegen, den wir schon immer als Vollidioten ansehen (und bei dem unser Confirmation Bias auch immer wieder neue Beweise für seine Dummheit aufzeigt), dann sind wir der erste, der daran sägt. Selbst wenn es das beste und wichtigste Projekt wäre, das unser Unternehmen retten kann!
Daher können wir den Confirmation Bias nur bedingt unter Kontrolle bringen.
Wir können die Wirkung des Bestätigungsfehler jedoch zumindest abmildern, wenn wir Entscheidungen – vor allem wenn sie große Tragweite haben – nicht nur vor uns selbst, sondern vor anderen vertreten.
Wir sollten diejenigen dann dazu animieren, unsere Idee komplett unter Beschuss und auseinander zu nehmen.
Am besten haben wir jemanden an unserer Seite, der die Gegenargumente und Angriffspunkte notiert (und nicht unsere Idee verteidigt) und danach rational bewertet, welcher der Punkte tatsächlich stärker beachtet werden müsste.
Wenn es um die Förderung und Entwicklung von Mitarbeitern geht, können wir den Confirmation Bias ebenfalls dadurch abmildern, dass wir strukturierte und dokumentierte Mitarbeitergespräche führen. Vergleichen wir die Dokumente der Vorjahre miteinander und stellen dabei fest, dass sich der Mitarbeiter auch das dritte Jahr in Folge vor der Präsentation auf der jährlichen Kundenmesse gedrückt hat, dann ist derjenige vielleicht tatsächlich nicht so ein guter Präsentator, wie wir glauben.
Wie man gute Mitarbeitergespräche führt und wie die Dokumentation aussehen kann, finden Sie in folgenden Artikeln:
- Erfolgreiche Mitarbeitergespräche führen (mit Vorlagen zum kostenlosen Download)
- Mitarbeiterbeurteilung – Definition und Vorlagen (mit kostenlosem Download)
Fazit zum Confirmation Bias
Der Confirmation Bias hat insbesondere für Führungskräfte sowohl große Vorteile als auch Nachteile.
Achten Sie daher auf sich selbst und immer dann, wenn Sie vehement an einer Überzeugung festhalten, sollten Sie diese auf den Prüfstand stellen.
Ebenso müssen Sie Ihre Mitarbeiter davor bewahren, dem Confirmation Bias zu erliegen, wenn sie sich in etwas verbohrt haben. Oder Sie müssen sie nachhaltig unterstützen, wenn sie eine Chance erkannt haben, die es zu ergreifen gibt.
Das Unternehmen Pixar, das unter anderem die Kinohits Cars, Monster AG, Toy Story und Captain Nemo produziert hat, führt genau deswegen regelmäßig während der Produktion eines Films Besprechungen durch, die den aktuellen Stand des Filmes gnadenlos unter die Lupe nehmen.
Beteiligt sind daran Produzenten und Regisseure anderer Filme – und der Regisseur des vorgestellten Filmes darf sich nicht rechtfertigen, sondern soll die Anregungen aufnehmen und später selbst entscheiden, was er davon berücksichtigen möchte.
Damit wird verhindert, dass sich derjenige, aufgrund seines Confirmation Bias, noch stärker für seine Idee einsetzt und danach die Anregungen nicht mehr annehmen kann – weil er dann sein Gesicht verlieren würde.
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