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Der Missgeschick-Effekt – wann Schönheitsfehler positiv oder negativ wirken [Psycho-Wissen für Führungskräfte]

Missgeschick-Effekt Psychowissen für Führungskräfte

„Fehler machen menschlich“ sagen wir.

Aber ist das wirklich so?

Im Jahr 1966 machte der Psychologe Elliot Aronson ein spannendes Experiment mit einem beeindruckenden Ergebnis, das mit dem Begriff Pratfall-Effect beschrieben wird:

Der Missgeschick-Effekt/Schönheitsfehler-Effekt

Der Missgeschick-Effekt (auch Schönheitsfehler-Effekt oder Pratfall-Effekt) bezeichnet ein unterbewusst ausgelöstes Phänomen, nach dem wir unsere Einschätzung eines Menschen anpassen, wenn diesem ein Missgeschick passiert. Diese Veränderung hat eine jeweils verstärkende Wirkung: Wen wir bereits gut beurteilt haben, sehen wir noch positiver – und wer bereits negativ angesehen war, verliert noch mehr in unserer Gunst. Deshalb gilt der Spruch „Fehler machen menschlich“ nur für die Personen, die bereits gut angesehen sind.

Führungskräfte, Mitarbeiter*innen in der Personalabteilung und im Recruiting müssen diesen Effekt kennen und berücksichtigen, da er einen massiven Einfluss auf die Beurteilung von Mitarbeitern und Bewerbern hat.

Warum sollte Führungskräfte der Pratfall-Effect interessieren?

Angenommen, Sie führen ein Einstellungsgespräch mit einer Bewerberin. Sie liefert Ihnen die perfekten Antworten, hat den perfekten Lebenslauf, hat genau die Erfahrungen, die auf der Stelle benötigt werden, passt perfekt ins Team.

Wenn jemand „zu perfekt“ ist, dann kann uns dieser Zustand verdächtig vorkommen. Wir vermuten vielleicht, dass irgendwas nicht stimmt.

Geschieht dieser „perfekten Bewerberin“ nun zu einem späteren Zeitpunkt des Gesprächs ein kleines Missgeschick, sie stellt beispielsweise die Kaffeetasse unsauber ab und etwas Kaffee schwappt auf die Untertasse, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie denken „Ach, endlich ein kleiner Fehler. Sie ist also doch ein Mensch, das ist gut. Dann können wir sie einstellen.“

Nun kommt ein anderer Kandidat in den Raum. Er wirkt nervös und es fehlen einige wichtige Qualifikationen. Sie haben denjenigen dennoch eingeladen, weil Sie davon ausgehen, dass er die fehlenden Qualifikationen noch nachholen kann. Das Gespräch läuft etwas schleppend und nun stellt er seine Kaffeetasse ungeschickt ab. Etwas Kaffee schwappt auf die Untertasse.

Und damit ist Ihr Urteil besiegelt:

Der hat sowieso nicht richtig gepasst. Und wenn nicht einmal er seine Kaffeetasse vernünftig abstellen kann, dann wird das mit den viel wichtigeren Aufgaben sicherlich auch nichts. Was für ein Glück, dass ich das noch erkannt habe. Der passt nicht zu uns.“

Ein kleines Missgeschick kann sympathischer machen

Ein kleines Missgeschick kann sympathischer machen

 

Der Schönheitsfehler-Effekt wirkt unterbewusst

Sie sagen:

„Jaja, das klingt lustig. Aber so leicht lasse ich mich nicht beeinflussen. Ich kann genau unterscheiden, ob jemand etwas kann und ob jemand ins Team passt. Ob jemandem ein Missgeschick unterläuft oder nicht, das beeinflusst mein Urteil nicht.“

Das kann ich nachvollziehen.

Doch leider wirken viele psychologische Effekte komplett im Verborgenen. Wir finden immer rationale Argumente für emotionale oder unterbewusst getroffene Entscheidungen. Auch bei Ihnen 😉

Dazu finden Sie viele weitere psychologische Phänomene in unserer Übersicht: Psycho-Wissen für Führungskräfte

Was bedeutet das für Führungskräfte?

Falls Mitarbeiter*innen, Bewerber*innen oder auch Geschäftspartnern einmal ein Missgeschick passiert und Sie kurz danach eine Entscheidung z.B. über eine Beförderung oder einen Vertrag treffen müssen, dann fragen Sie sich bewusst:

„Angenommen, dieses Missgeschick wäre nicht passiert. Wie würde meine Entscheidung dann ausfallen.“

Damit können wir die Wirkung des Pratfall-Effects zwar nicht gänzlich ausschließen, aber zumindest abmildern.

Perfekt zu sein wirkt nicht immer sympathisch

Perfekt zu sein wirkt nicht immer sympathisch

Tipp für Perfektionisten

Perfektionisten werden gelegentlich als unnahbar, pedantisch, ja sogar als emotionslos beschrieben, weil sie so viel Wert auf ein (in ihren Augen) perfektes Ergebnis legen. Manche Perfektionisten machen dies, um dadurch mehr Akzeptanz und Anerkennung zu erhalten. Was allerdings häuftig nicht gelingt. Weil diese Perfektionisten so „anders“ sind.

Deswegen kann es hilfreich sein, auch mal einen kleinen Fehler zu machen. Dann würden die anderen denken: „schau her, am Ende ist er auch nur ein Mensch“.

Das kann Ihnen langfristig helfen, mehr Akzeptanz und Unterstützung zu gewinnen.

Vorsicht!

Ein Wort der Vorsicht: Es geht um Schönheitsfehler, kleine Missgeschicke! Eben der leicht verschüttete Kaffee oder die nicht zueinander passenden Socken.

Es geht nicht um große oder katastrophale Fehler, die anderen Schaden zufügen. Wenn Sie Ihrem Gesprächspartner den kochend heißen Tee über das Hemd gießen, wird Sie das nicht „menschlich“ machen!

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