Was bewegt neue Führungskräfte (meistens Teamleiterinnen und Teamleiter), wenn sie erstmals eine Führungsrolle übernehmen? Worauf freuen sich neue Führungskräfte, wovor haben sie Bedenken, was wollen sie erreichen?
Diese Fragen stellen wir seit Jahren zu Beginn unserer Führungskräfte-Trainings – sowohl vor Ort bei Kunden, als auch in unseren online-basierten Führungskräfte-Seminaren.
Die teilnehmenden Führungskräfte stammen aus mehr als 30 Ländern, von Europa über Afrika bis Asien, und drei Dinge sind dabei erstaunlich.
Drei zentrale Ergebnisse
- Die meisten neuen Führungskräfte glauben, dass sie in ihrer Führungsrolle immer besser als ihre Mitarbeiter sein müssen – weshalb wir dieses Thema als allererstes in unserem online-basierten BOOTCAMP für neue Führungskräfte behandeln – denn dies ist ein Trugschluss, der oft fatale, demotivierende und frustrierende Auswirkungen hat
- Fast alle neuen Führungskräfte freuen sich darauf, die Mitarbeiter zu fördern und weiterzuentwickeln
- Unabhängig von der Kultur (ich arbeite mit Führungskräften aus Indien, China, Singapur, den meisten europäischen Ländern) sind nahezu alle neuen Führungskräfte extrem dankbar für praxisnahe Hinweise und Methoden, die sie bei der Führung ihrer Mitarbeiter unterstützen
Alle Führungskräfte, die an unseren Schulungen teilnehmen, beantworten zu Beginn einen Fragebogen. Die Aussagen und Ergebnisse sind sehr aufschlussreich sowohl für HR-/Personalbereiche als auch die Vorgesetzten der neuen/jungen Führungskräfte.
Nachfolgend bieten wir Ihnen einen Einblick in die Ergebnisse der Führungskräfte-Befragung.
Frage 1: „Ich habe folgende Stärken oder gute Voraussetzungen, die mir helfen werden, eine sehr gute Führungskraft zu sein“
Empathie
Fast jede vierte neue Führungskraft sieht ihre Empathie als ihre größte Stärke.
Dies wird unter anderem damit zusammenhängen, dass wir auf dem ersten Karriereschritt oft den Weg vom Kollegen zur Führungskraft gehen.
Damit haben wir einen sehr guten Einblick in den Alltag unserer Mitarbeiter und kennen sie auch persönlich meist sehr gut. Diese Empathie sehen einige neue Führungskräfte jedoch gleichzeitig auch als Herausforderung – wenn es darum geht, nun von den ehemaligen Kollegen als ihre Führungskraft akzeptiert zu werden.
Kommunikationsstärke & Wissensweitergabe
Nahezu jede dritte Führungskraft sieht sich als kommunikationsstark an, was sowohl hinsichtlich der Arbeit im Team als auch in der Zusammenarbeit mit anderen Teams, Kunden oder Vorgesetzten wichtig ist.
Nahezu gleichauf sieht fast ein Drittel der Führungskräfte ihr Stärken darin, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Auch darin erkennen wir die Tendenz, dass neue Führungskräfte aufgrund ihrer fachlichen Fähigkeiten zur Führungskraft befördert werden.
Dies ist ein zweischneidiges Schwert, denn es kann neue Führungskräfte zu Mikromanagern und Besserwissern machen. Natürlich ist es wichtig, dass die Führungskraft in einem 3-Personen-Team auch inhaltlich mitarbeitet. Sie muss jedoch genau unterscheiden, bei welchem Fachthema einer der beiden Mitarbeiter mehr weiß und darf mit dieser Person nicht in einen Wettstreit treten.
In folgendem Artikel gehe ich weiter darauf ein: Die 5 + 1 wichtigsten Aufgaben eines Teamleiters
Frage 2: „Meine drei größten Herausforderungen als Führungskraft sind“
Teamförderung und Selbstmanagement
Als größte Herausforderung stehen mit jeweils 22% zwei Themen ganz oben auf der Liste: Die Förderung ihres Teams und das Selbstmanagement (vor allem die Koordination der eigenen Aufgaben).
Bei der Förderung des eigenen Teams kommen viele neue Aufgaben auf die neue Führungskraft zu, die sie bislang noch nicht gemacht hat. Beispielsweise die Motivation, die gerechte Behandlung und auch die Förderung von Mitarbeitern. Diese Fähigkeiten waren bislang nie Bestandteil der fachlichen Aufgaben – und kaum jemand lernt dies in Ausbildung oder Studium.
Die Herausforderung beim Selbstmanagement ist gut nachzuvollziehen, ist man doch nun nicht nur für die eigenen inhaltlichen Aufgaben verantwortlich, sondern es kommt auch noch eine Vielzahl an weiteren Aufgaben dazu. Beispielsweise die Teilnahme an Führungskräfte-Runden, das Führen von Mitarbeiter-Gesprächen, die Koordination von Team-Besprechungen oder der Austausch mit der Personalabteilung bezüglich der Weiterentwicklung einzelner Mitarbeiter.
Diese Aufgaben benötigen natürlich bei jeder Führungskraft Zeit – da sie für die Führungskraft komplett neu sind, erfordern sie noch mehr Zeit, als wenn sie bereits Erfahrung damit hätte.
Daher ist es kein Wunder, dass neue Führungskräfte die Herausforderung des Selbstmanagements am häufigsten nennen.
Kollegen führen
Auf Rang drei der Herausforderungen nennt jede fünfte Führungskraft den Wandel vom Kollegen zur Führungskraft, den wir bereits angesprochen haben.
Dazu finden Sie in folgenden Artikel weitere Anregungen und Hinweise:
- Wie führe ich meine ehemaligen Kollegen – Vom Kollegen zum Vorgesetzten
- Neu als Führungskraft: So wird die „Antrittsrede“ zum Erfolg (Tag 1 der ersten 100 Tage)
- 5 Tipps: Vom Kollegen zum Vorgesetzten
Um mit dieser Herausforderung umzugehen, beschäftigt sich ebenfalls ein Modul unseres BOOTCAMPS für neue Führungskräfte damit, die Erwartungshaltung von Mitarbeitern zu verstehen und den Umgang mit ehemaligen Kollegen richtig anzugehen.
Frage 3: „Worauf ich mich in meiner Rolle als Führungskraft am meisten freue“
Besonders erfreulich sind die drei Punkte, auf die sich neue Führungskräfte am meisten freuen.
Nämlich:
- Mit 40% die Weiterbildung und Weiterentwicklung der Mitarbeiter
- Mit 30% die Arbeit im Team
- Mit 30% die Führung des Teams
Es ist ein starker Motivationsfaktor für neue Führungskräfte, dass sie durch ihre neue Rolle die Kollegen und Mitarbeiter weiterentwickeln können.
Das ist gleichzeitig auch eine wichtige Nachricht an deren Vorgesetzte und Personalabteilungen:
Neue Führungskräfte müssen unbedingt auch die Möglichkeiten bekommen, Mitarbeiter weiterzuentwickeln. Wird ihnen diese genommen oder gar nicht gegeben, fällt für 40% aller Führungskräfte ein starker Motivationsfaktor aus!
Frage 4: „Was sollen meine Mitarbeiter über mich als ihre Führungskraft sagen, wenn sie anonym befragt würden“
Eine spannende Frage – denn wir wollen damit herausfinden, wie die Führungskraft wahrgenommen werden will. Welches Bild sollen ihre Mitarbeiter von ihr haben.
Wichtig ist die Formulierung „anonym befragt“: Denn dadurch machen wir der neuen Führungskraft klar, dass wir die ehrliche Meinung der Mitarbeiter wissen wollen – nicht die strategisch cleverste…
Verständnisvoll und emphatisch
Erinnern wir uns an die Stärken, dann stand dort die Empathie auf Rang 1.
Entsprechend wollen unsere neuen Führungskräfte auch als emphatisch und verständnisvoll wahrgenommen werden.
Diese Aussage birgt jedoch auch eine Gefahr!
Denn wer als Führungskraft vor allem als emphatisch und verständnisvoll angesehen werden will, könnte vor harten Entscheidungen zurückschrecken. Und dies wird besonders dann kritisch, wenn innerhalb des Teams beispielsweise interne Kämpfe (bis hin zum Mobbing) ausbrechen – die Führungskraft jedoch vor lauter Sorge, nicht mehr als „verständnisvoll“ angesehen zu werden, nicht handelt.
Und diese Nicht-Handlung von den Mitarbeitern als aktive Handlung angesehen wird, die weder emphatisch ist, noch auf deren Verständnis stößt.
Bitte verstehen Sie mich richtig:
- Führungskräfte sollen verständnisvoll und empathisch sein (das ist ja auch Grundvoraussetzung für die coachende Führung)
- ABER wenn dies dazu führt, dass eine Führungskraft aus Angst vor der Meinung ihrer Mitarbeiter nicht handelt, obwohl es im Sinne und zum Wohle aller Mitarbeiter notwendig wäre, dann wird dieser Glaubenssatz zu einer Bürde
Fairness
Unsere neuen Führungskräfte möchten zudem als fair angesehen werden.
Ein sehr gutes Vorhaben, denn die Wirkung von Fairness in der Führung wird deutlich unterschätzt. Das habe ich in diesem Artikel weiter beleuchtet: Mitarbeiter fair führen – Fairness als Führungsmethode
Fairness ist extrem wichtig, allerdings wird manche neue Führungskraft aus Sorge, als unfair angesehen zu werden, schwierige Entscheidungen verzögern oder nicht treffen – und dadurch möglicherweise tatsächlich unfair handeln, obwohl sie genau das Gegenteil anstrebt.
Fairness ist richtig und wichtig – sie darf die neuen Führungskräfte jedoch nicht daran hindern, bei Bedarf harte Entscheidungen zu treffen, die – je nach Blickwinkel – auch unfair erscheinen könnten.
Weitere Ergebnisse der Umfrage unter neuen Führungskräften
Natürlich haben wir noch viele weitere Erkenntnisse aus der Umfrage unter neuen Führungskräften gewonnen, die auch für Sie sehr interessant sein könnten.
Sehr gerne stellen wir Ihnen die ausführlichen Ergebnisse mit allen Antworten der Teilnehmer als PDF zur Verfügung.
Insbesondere dann, wenn Sie im HR- / Personalbereich arbeiten, werden die Ergebnisse für die Weiterentwicklung Ihrer neuen Führungskräfte hilfreich sein: